Cloud Gaming: Sind Spiel Streaming Dienste schlecht für den Planeten?

Klimaschutz und die Reduktion der Umweltbelastung durch Treibhausgasemissionen wird in Deutschland groß geschrieben. Dabei rücken verstärkt der CO2-Ausstoß beim digitalen Datenaustausch in den Brennpunkt und der Appell, energieeffiziente Maßnahmen zu ergreifen. Denn es besteht kein Zweifel, die globale Digitalisierung hat inzwischen ein gigantisches Ausmaß erreicht, mit dem ein immenser Stromverbrauch einhergeht. Schon seit geraumer Zeit zählen vor allem von YouTube, Netflix und Co offerierte Streaming Dienste zu den digitalen Klimasündern Nummer Eins.

Dadurch werden auch viele Spielenthusiasten verunsichert, ob sich virtuelles Spielvergnügen mit dem eigenen Umweltgewissen noch vereinbaren lässt. Im Vergleich zum Besuch eines örtlichen Spielsalons galt Cloud Gaming doch bisher genauso umweltbewusst wie beispielsweise Online Spiele bei Vulkan Vegas. Gibt es jetzt Unterschiede zwischen digitalen Games und dem Spielen in der Wolke? Ist es nach wie vor möglich, per Internet klimafreundlich zu spielen?

Digitale Energieeffizienz im Fokus deutscher Umweltpolitik

Deutschland nimmt im Kampf gegen den weltweiten Klimawandel zweifellos eine führende Rolle ein. So berichtete die ARD Tagesschau Anfang des Jahres über eine richtungsweisende Agenda aus dem Umweltministerium, mit dem Ziel, die Digitalisierung ‘grün’ zu machen. Laut Umweltministerin Svenja Schulze ist es höchste Zeit, effektive Leitlinien zu schaffen, um beim Datenverkehr Energie und dadurch Rohstoffe einzusparen.

Experten befürchten bereits für 2025 einen höheren CO2-Ausstoß durch Online Shopping und Video Streaming, als weltweit im Straßenverkehr erzeugt wird. In den Prognosen ist die Rede von monatlich 400 Milliarden Gigabytes, die in etwa dem Speicherplatz von 100 Milliarden der früher gebräuchlichen DVDs gleichkämen. Konkretes Einsparpotenzial sehe die Ministerin sowohl bei den Produktionsstandards der Gerätehersteller wie beim Ressourcenverbrauch in den unzähligen Rechenzentren, als auch im Angebot von Streaming Diensten.

Umweltfreundliche Einsparoptionen:

  • Europaweite Standards zur Vereinfachung für den Akku- und Display-Austausch bei Handys.
  • Verpflichtung zu digitalen Produktinformationen über Herstellung, Lebensdauer, Ersatzteile, Entsorgung und Recycling
  • Bessere Kennzeichnung klimaschonender Produkte mit leichter Erkennbarkeit für den Internetnutzer.
  • Verzicht auf Autostart von Videos in Online Portalen und geräteangepasste Auflösung beim Streamen.
  • Registrierung von Standort und Stromverbrauch der rund 50.000 Rechenzentren Deutschlands.
  • Nachhaltige Konzepte zur Nutzung erzeugter Abwärme, beispielsweise in Industriegebieten oder zum Heizen von Wohngebäuden

Ansatzpunkte, die sich relativ einfach umsetzen ließen, um die Internetnutzung umweltschonender zu optimieren, gäbe es also definitiv genügend. Das langfristige Ziel der SPD Politikerin beinhaltet ebenso den Appell an die großen High Tech Giganten in Silicon Valley, in Eigeninitiative energiesparende Maßnahmen auf Freiwilligenbasis zu ergreifen. Der Weg zur effektiven Senkung digital erzeugter CO2-Emissionen ist in jedem Fall noch weit, aber durchaus realisierbar.

Neue Erkenntnisse und aktuelle Fakten

Seit September können umweltbewusste Internetnutzer wieder aufatmen. Die Veröffentlichung der neuesten Studienergebnisse zeigt, dass sich Video Streaming geringer auf den Klimawandel auswirkt als bisher angenommen. Bis dato ging man von einer enormen Steigerung des CO2-Ausstoßes beim Streamen aus, den Kritiker mit der Belastung durch Flugzeuge verglichen.

Allerdings basierten bisherige Studien auf verschiedenen Rechenmodellen unter Verwendung rein theoretisch angenommener Nutzerdaten, woraus sich unterschiedliche und keine konkreten Resultate ergaben. Deshalb gab das Umweltbundesamt nun eine neue Studie in Auftrag, die im Rahmen des ‘Green Cloud Computing’ Forschungsprojekts vom Fraunhofer IZM gemeinsam mit dem Öko Institut durchgeführt wurde. Dabei bildeten erstmals real gemessene Daten eines der größten Streaming Zentren sowie weiterer Rechenzentren die Grundlage der Berechnungen.

Dadurch entstand ein realistischer Fußabdruck der Treibhausgasemissionen durch virtuelle Datenspeicherung sowie datenintensive Videokonferenzen und Streaming Anwendungen. Das nach tatsächlichen Messdaten ermittelte Ergebnis brachte erstaunliche und richtungsweisende neue Erkenntnisse. Die Nutzung von Streaming Diensten ist nicht zwingend klimaschädigend, es bestehen allerdings Unterschiede mit beachtlicher Spannbreite.

Streamen ohne schlechtes Klimagewissen machbar

Die weltweite Digitalisierung lässt sich nicht stoppen und die gesendeten Datenmengen werden weiterhin zunehmen. Einerlei ob durch geschäftliche Videokonferenzen oder im privaten Heimkino, bis hin zur Fahrzeugvernetzung im Straßenverkehr. Daran führt kein Weg vorbei, so lautet auch die Meinung von Dirk Messner, dem Präsidenten des Umweltbundesamtes.

Im September konnte Messner anhand der vorliegenden Studienergebnisse Filmliebhaber in Sachen Klimawandel beruhigen. Ausschlaggebend ist in erster Linie der gewählte Übertragungsweg. So kann man daheim über das FTTH oder VDSL Netz durchaus seine Lieblingsfilme oder -serien umweltfreundlich genießen.

  • CO2-Emissionen durch HD-Video Streaming pro Stunde:
  • 3G UMTS Mobilfunk – 90g
  • 4G LTE Mobilfunk – 13g
  • 5G Mobilfunk – 5g
  • VDSL (Kupferkabel) – 4g
  • FTTH (Glasfaser) – 2g

Daraus geht deutlich hervor, über einen direkten Glasfaseranschluss entsteht die geringste Umweltbelastung mit lediglich zwei Gramm innerhalb einer Stunde. Wobei sich die neuesten 5G Techniken als überaus vielversprechende Übertragungswege für die mobile Streaming Zukunft entwickeln. Bundesumweltministerin Schulze plädiert nun gemeinsam mit Messner für eine verstärkte Investition in den Ausbau eines flächendeckenden Glasfasernetzes in ganz Deutschland.

Zudem geht aus den Forschungsergebnissen deutlich ein um rund 30 Prozent gestiegener Bedarf an Streaming Diensten in den Monaten Februar und März infolge der Corana Pandemie hervor. So lag zum Beispiel der höchste jemals gemessene Spitzenwert in Frankfurt am Main, dem größten Internetknoten der Welt, bei 9,16 Terabit pro Sekunde. Was einer Übertragung von über zwei Millionen HD-Videos zur selben Zeit entspricht. Laut den Studien können sich Videokonferenzen und Home Office jedoch positiv auf unseren Planeten auswirken, wenn Rechenzentren energieeffizienter arbeiten und Nutzer die richtige Übertragungstechnik als auch energiesparende Endgeräte wählen.

Spielen mit Cloud Streaming

Es steht außer Frage, dass die Spielindustrie inzwischen im globalen Online Markt einen weit größeren Umfang einnimmt, als die gesamte Musik- und Filmbranche zusammen. Zweifellos geht mit vielen modernen Spieletrends wie Cloud Gaming, eSports oder Virtual und Augmented Reality, aufgrund umfangreicher Rechenleistungen ein höherer Energieverbrauch einher, als bei normalen digitalen Spielen. Wobei Spieler, die sich per Smartphone mit Cloud Gaming die Freizeit versüßen in puncto Umweltbewusstsein deutlich schlechter abschneiden, als Internetuser mit Laptop und Desktop Computer. Unter dem Aspekt Klimaschutz ist es auf jeden Fall besser über WLAN zu streamen, als im Mobilfunknetz.

Außerdem lässt sich durch die Reduzierung der Videoqualität ein enormer Einspareffekt beim CO2-Ausstoß erzielen. Im Gegensatz zu Ultra HD-Videos mit sieben Gigabyte beträgt die Datenmenge mit der niedrigsten Auflösung lediglich 300 Megabyte pro Stunde. Insbesondere Handy und Tablet Nutzern ist es jedoch nicht möglich, den Unterschied zwischen geringer und höchster Auflösung auf dem kleinen Display mit freiem Auge wahrzunehmen. Um sich und der Umwelt etwas Gutes zu tun, besteht überdies die Möglichkeit seine Freizeit gelegentlich komplett internetfrei zu gestalten und alle Endgeräte einfach für ein paar Stunden auszuschalten.

Nextgen.at
Logo